Interview mit den “Kümmerern”

Dorette Gonschorek und Britta Maas vom Musikbüro Bochum e.V. über das neue Projekt Lalla:Labor

Was ist Lalla:Labor?
Lalla:Labor ist ein zunächst von Anfang Juli bis Dezember 2017 befristetes Projekt vom Musikbüro Bochum e.V., das ein regionales Netzwerk von Initiativen, Veranstaltern, Bands und Firmen aufbauen will. Unser Ziel ist es, dass der Austausch in diesem Netzwerk durch das Projekt angestoßen wird und sich dann verselbständigt. Finanziert wird das Lalla:Labor über das European Centre for Creative Economy (ecce), mit dem wir sehr gute Erfahrungen gemacht haben. Lalla:Labor ist ein Teil des ecce-Partnerprogramms im Rahmen der Individuellen KünstlerInnenförderung (IKF), das gefördert wird vom Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes NRW. In der ersten Pilotphase stehen uns für die Förderung der Künstler 10.000 Euro zur Verfügung, vier Bands erhalten je 2.500 Euro.

Wie kam euch die Idee zu Lalla:Labor?
Das Projekt ist aus dem Musikbüro heraus entstanden. Wir engagieren uns dort für Basisförderung von Nachwuchsbands und organisieren z.B. Auftrittsmöglichkeiten. Dabei haben wir festgestellt, dass die Bands konkrete, finanzielle Bedürfnisse haben. Viele verschulden sich sogar für ihre Musik, weil sie Geld zur Vorbereitung oder Durchführung einer Tour, für Studiomiete oder Tonträger-Produktion vorstrecken. Andere Förderungen sind meist zweckgebunden. Bands gewinnen dann einen Tag in einem professionellen Tonstudio, obwohl sie kürzlich auf eigene Kosten im Studio waren. Wir wollten die Bands da abholen, wo Bedarf herrscht und sie selbst entscheiden lassen, wofür sie das Geld verwenden. Wir versuchen, die Verwaltungskosten des Lalla:Labor so niedrig wie möglich zu halten, so dass wir die Fördergelder auf direktem Weg und ohne großen Verwaltungsaufwand an die Bands oder Initiativen weiterreichen können.

Wie seid ihr auf den Namen gekommen?
Wir haben einen Workshop mit einer Dortmunder Werbeagentur und Mitgliedern des Musikbüros gemacht und systematisch einen Namen gesucht, der mit den drei zentralen Inhalten Musik, Netzwerk und Ruhrgebiet zu tun hat, kein englischer Begriff ist und der im Kopf bleibt. Es sollte auch frisch und leicht klingen. Denn das Musikbüro selbst klingt ja schon ein bisschen nach Büroarbeit.

Gilt das Projekt nur für Ruhrgebietsbands?
Ja, denn die Künstlerförderung der e.c.c.e. GmbH bzw. des Ministeriums für Kultur und Wissenschaft des Landes NRW ist auf das Ruhrgebiet bezogen. Davon abgesehen wäre es auch für uns schwierig, das Netzwerk über das Ruhrgebiet hinaus zu erweitern und zu pflegen. Das Ruhrgebiet ist wahnsinnig groß, weshalb der zentrale Ausgangspunkt für uns dort ist, wo wir schon gute Netzwerke haben, die wir stärken wollen. Wir gehen also vom Lokalen zum Regionalen und vielleicht irgendwann ins ganze Ruhrgebiet.

Gibt es im Ruhrgebiet überhaupt genug musikalisches Potenzial?
Ganz sicher! Wir haben wirklich schon viele Bands gesehen, das geht von absoluten Anfänger*innen bis hin zu semi-professionellen Bands, die einen hohen Anspruch an sich selbst haben, musikalisch sehr gut sind und ganz unterschiedliche Stile abdecken. In der Region ist härtere Musik, sei es Metal oder Postcore, besonders dominant. Beim Lalla:Labor ist aber von Folk über Bluesrock bis hin zur Filmmusik eine große musikalische Bandbreite vertreten. Wir würden uns 2018 aber über mehr Musikerinnen auf den Bühnen freuen. Denn was den Frauenanteil angeht, unterscheidet sich Lalla:Labor noch nicht von Festivals oder der Musikszene insgesamt.

Wie läuft die Auswahl der Gewinner-Bands ab?
Wir selbst haben uns drei Partner*innen aus unserem Netzwerk gesucht, die jeweils zwei Bands vorgeschlagen haben. Das waren in der ersten Förderrunde Florian Cunitz von „Metal for Mercy“ aus Wetter, Dennis Kazakis von dem Herner Kollektiv „agora“ und Didi Stahlschmidt von „Dortmund macht lauter“, ein Projekt des Dortmunder Kulturbüros. Wir vom Musikbüro haben ebenfalls zwei Bands vorgeschlagen, saßen aber nicht in der Jury. Die Auswahl der zwei Gewinner wurde letztlich von den drei Partner*innen, Angelina Ouchani vom Rockbüro Herne und Bertram Frewer vom Kulturbüro Bochum getroffen. Aufgrund der tollen Zusammenarbeit mit der Stadt Bochum freuen wir uns sehr, dass er als fünfte Person die Jury unterstützt. Weil es ein Patt um den zweiten Platz gab, ist kurzfristig Amiram Paltin von der SAE Bochum als sechstes Jury-Mitglied hinzugezogen worden. In der 2. Runde stellen dann wieder drei andere Partner und wir jeweils zwei Bands vor.

Wann werden die Gewinner bekannt gegeben?
Die beiden Gewinnerbands sind „Frère“ und „Die Freedes“. „Frère“ ist aus einem Solo-Projekt von Alexander Körner hervorgegangen und hat sich mittlerweile zu einer vierköpfigen Band entwickelt. Anfang September ist ihr Debütalbum „Void“ erschienen. „Frère“ machen handgemachte Musik in Richtung elektronischem Post-Folk. „Die Freedes“ spielen vielseitige Tanzmusik, verbunden mit einem ganz speziellen Lebensgefühl, hören sich mal orientalisch und mal elektronisch an, sind sehr angenehme Gastgeber bei ihrem „Garten Freede“ und touren darüber hinaus einmal im Jahr durch Teile Europas (inkl. Bandaustausch). Die beiden Gewinner aus der zweiten Förderrunde werden Anfang Dezember ermittelt und bekannt gegeben.

Was wollt ihr langfristig mit dem Projekt Lalla:Labor erreichen?
Wir wollen Musiker*innen, Bands und Leute erreichen, die im weitesten Sinne mit Musik zu tun haben, also auch Veranstalter*innen und Institutionen. Im Rahmen des Lalla:Labors haben wir einen Trendfragebogen für Institutionen und Veranstalter entwickelt und verschickt, mit dem wir die Situation vor Ort in Erfahrung bringen wollen, zum Beispiel in Haltern oder Hagen. Aber ohne persönlichen Kontakt kommt oft nichts zurück. Daher möchten wir den Vernetzungsgedanken beim Lalla:Labor noch persönlicher, direkter gestalten. Wir besuchen die Akteur*innen persönlich und lernen sie kennen. Dadurch wollen wir nachhaltige Kontakte herstellen, die einen Mehrwert für alle Beteiligten haben. Dieser Teil des Projekts befindet sich aber noch in der Pilotphase, dazu haben wir noch keine Ergebnisse.

Was wünscht ihr euch für diese Pilotphase von Lalla:Labor?
Wir wünschen uns, dass die Gewinnerbands das Geld gut und sinnvoll einsetzen können. Außerdem sind wir davon überzeugt, dass es effektiver ist, miteinander zu arbeiten, als für sich allein herumzuwurschteln. Dafür wollen wir Anknüpfungspunkte finden. 2016/2017 haben wir beim Musikbüro Wert auf Kooperationen gelegt. Das hat uns gezeigt, dass vieles besser funktioniert, wenn mehrere Menschen im Boot sind und ihre unterschiedlichen Ideen einbringen können. Wir wünschen uns, dass Lalla:Labor das vermitteln kann.

Und was bringt das Lalla:Labor Musikbegeisterten im Ruhrgebiet?
Die Bands werden sicherlich später live spielen. In der ersten Pilotphase ist das aufgrund der kurzen Laufzeit nicht möglich, aber 2018 wird es Konzerte geben, sowohl in Bochum als auch in den anderen Städten. So erreicht die Musik auch andere Kreise als die eigenen und insgesamt mehr Menschen. Wir haben immer den Anspruch, gute Live-Musik zu bieten. Alle haben mal klein angefangen. Der Musikbüro Bochum e.V. und das Projekt Lalla:Labor wollen die Musikszene und das Kulturleben Bochums und der Region fördern und bereichern.

Wer seid ihr und was macht ihr?
Dorette Gonschorek: Ich bin selbst Musikerin und Teil der Band NRT. Außerdem arbeite ich bei Roof Music. Ich kenne daher die künstlerische und die wirtschaftliche Seite im Musikbusiness. Das ehrenamtliche Engagement im Musikbüro reizt mich, weil ich das Gefühl habe, viel für die Musikszene tun zu können. Es wird ja viel gejammert, aber ich bin ein engagierter Mensch, packe lieber an und versuche, etwas zu bewegen.
Britta Maas: Das haben wir beide gemeinsam. Wir sind Macherinnen und können gut mobilisieren. Ich komme eher aus dem organisatorischen bzw. Veranstaltungs-Bereich und arbeite hauptberuflich bei „Burgdorff Stadt“, einer Agentur für kooperative Stadtentwicklung. Daher ergänzen wir beide uns bei der Arbeit sehr gut.