Lalla:Labor: Preisträger: Die Freedes.

Wir treffen Tim und Toto in der Pantoffelfabrik… im Proberaum der Freedes

Wie und unter welchen Umständen habt ihr euch kennengelernt?

Toto: Wir haben uns 2007 kennengelernt, als wir mit unseren damaligen Bands, ich mit „Captain Cosmos“ und Tim mit „Kalamazoo“, auf dem Bochumer Newcomerfestival gespielt haben. Danach kamen auch die ersten Bandfusions, zum Beispiel als wir gemeinsam bei RUBissimo, dem Sommerfest der Uni Bochum, aufgetreten sind.
Tim: „Captain Cosmos“ war die zugezogene Band, „Kalamazoo“ aus Bochum. Unbewusst war das schon der Anfang des Netzwerkgedankens, den wir praktiziert haben. Unabhängig davon haben Toto und ich dann 2008 bei dem Musical „Reise durch die Sternenwelt“ frei nach Jules Vernes mitgemacht. Das war eine Produktion des Schauspielensembles der Folkwang Musikschule, die in der Lichtburg Essen aufgeführt wurde. Im Hintergrund liefen bei uns beiden noch andere Band-Projekte. Toto hatte, nachdem er aus dem Sauerland nach Bochum gezogen ist, noch die Band „Accord On Bleu“, zu der ich dazu gestoßen bin.

Und wann ging es mit Die Freedes los?

Tim: 2012 ging es los. Es gab früh die Idee, mit der Band in den Niederlanden aufzutreten, weil ich da quasi sozialisiert wurde. Dort haben wir Sandro Bruti kennen gelernt, der mittlerweile ein richtig guter Freund ist und uns immer wieder einlädt. Er ist halb Italiener, halb Holländer, mit ihm sind wir auch schon 2012 das erste Mal für drei Wochen nach Italien gefahren.
Toto: Bei der Gelegenheit haben wir noch mehr Leute kennengelernt, andere Musiker und Künstler oder auch einfach nur Menschen, die gut finden, was wir machen. Sandro hat uns beigebracht, wie man Netzwerke aufbaut und pflegt, indem er es uns vorgelebt hat.

Wie würdet ihr eure Musik beschreiben?

Tim: Einen eindeutigen Begriff gibt es dafür nicht. Wie wir leben und kommunizieren, das steckt in unserer Musik auch drin. Wir wollen Grenzen überschreiten und das ginge nicht, wenn wir nur Funk oder Folk spielen würden.

Welche Pläne habt ihr für die kommenden Monate?

Tim: Wir touren von Ende Dezember bis Mitte Januar 2018 durch Norditalien und Österreich. Der erste Gig ist am 28. Dezember in Brescia und am 5. und 6. Januar sind wir in Innsbruck. Wir haben in Italien Stefan Meiseleder kennengelernt, der im Sommer am Idrosee als Surf- und im Winter als Skilehrer in Innsbruck arbeitet und uns bei der Tour unterstützt.
Toto: Konzepte wie diese Tour entstehen meist mit Leuten, die auch Bock drauf haben, mit denen kriegt man auch was auf die Kette. Wo es zwischenmenschlich gut geht, lässt es sich auch gut zusammenarbeiten. Bei der Gelegenheit treffen wir auch Leute aus Mailand und Sizilien wieder.

Läuft die Suche nach Konzertlocations im Ausland anders als in Bochum?

Tim: Im Ausland helfen vor allem die eben beschriebenen Netzwerke. Wir schreiben auch gelegentlich Bars an, aber meistens kommt ein Konzert nur durch persönlichen Kontakt zustande. Wenn eben jemand jemanden kennt und direkt für uns anfragt. Wir selbst wüssten oft gar nicht, wo wir ansetzen müssten.
Toto: In Bochum läuft das ähnlich. Am schönsten sind diese kleinen Inseln für Konzerte. Wenn die nicht städtisch oder öffentlich gegeben sind, zieht man sich an private Orte zurück. Wir wollten zum Beispiel im Sommer in Dahlhausen am Ruhrufer was machen. Aber da gibt es viele Auflagen und Sicherheitsbedenken. Manche davon sind berechtigt, andere könnte man auch hinterfragen. Dann zieht man es halt etwas kleiner auf.

Wer war zuletzt bei euch zu Gast?

Tim: Für die Franzosen „Les Freres Smith“, die Argentinier „Ema Yazurlo“, die Sizilianer „LassatilAbballari“ oder die Bergamasci-Band „Rich Apes“ haben wir unser Freede-Domicil in der Alsenstraße in Bochum schon zum Gästehaus umfunktioniert.
Toto: Einen Garten Freede-Konzertabend mit „Prana Mundi“ aus Katmandu gab es im September in der Ruhr Bodega La Posta in Bochum Dahlhausen. Manice von „Prana Mundi“ hat bei einem Song für unser Album seine Sarangi, eine nepalesische, altertümliche Geige, eingespielt. Ein Instrument, das man in Bochum oder insgesamt in Mitteleuropa nicht von sich aus in einen Song einplant.

Was hat es mit dem Garten Freede auf sich?

Toto: Die Inspiration dafür war auch Sandro Bruti. Die Idee dahinter ist, einen schönen Ort zu finden, leckeres Essen und gute Live Musik zu bieten und einfach einen Abend zu machen, zu dem wir selber gerne hingehen würden. Meistens ist es eher so: Du gehst auf die Bühne, spielst, gehst wieder. Das ist ok, kann aber auch anders laufen.
Tim: Garten Freede soll der Gemeinschaft dienen und anderen Musikern und Künstlern eine Plattform bieten. Wir schaffen uns die entsprechende Atmosphäre einfach selbst, nehmen den ganzen Kram, den wir für die Gemütlichkeit wichtig finden, mit. Seit die Rotunde in ihrer alten Form weggefallen ist, gibt es in Bochum leider nur noch wenige solcher Nischen. Wir glauben, da wäre noch mehr möglich.

Was habt ihr langfristig für Ziele?

Tim: Es wäre natürlich toll, wenn das Geld für alle reichen würde. Persönlich hätte ich gerne mal eine Familie, mit der würde ich dann auch touren. Und wir würden auch gerne mal das Album fertig machen, woran wir seit geraumer Zeit sitzen.
Toto: Reisen, reisen, reisen! Daraus entwickeln sich wieder ganz neue Kontakte und Ideen. Wenn es sich refinanzieren ließe und das Geld keine so große Rolle mehr dabei spielen würde, wenn wir Leute besuchen und die danach auch hier hin einladen könnten, wäre es perfekt. Ein paar Taler sind dafür schon nötig. Mit guter Organisation, Tauschhandel und durch intensive, persönliche Kontakte und private Unterbringung kann man Kosten sparen. Das schafft Raum für intensive Begegnungen. So bleibt von Förderungen auch noch etwas übrig, beispielsweise für faire Musikerhonorare. Auf Touren fallen genug andere Kosten an, gerade bei weiten Reisen nach Sizilien oder Asien.

Was macht ihr, wenn ihr keine Musik macht?

Tim: Ich arbeite als Erzieher und fühle mich in der Natur wohl.
Toto: Ich habe so ein Jöbchen zum Broterwerb, das ist jetzt keine Berufung. Ich hab mal studiert, wollte auch mal Lehrer werden, aber die Musik war stärker.